von Peter Fischer
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27 Aug., 2020
Vor etwas mehr als 20 Jahren, in den Anfängen meiner Tätigkeit im Qualitätsmanagement, entdeckte ich eines Tages an einer Bäckerei hier in der Region (Tübingen) ein Banner mit der Aufschrift: Qualität ist kein Zufall! Hier im Schwabenland isst man ja gerne Brezeln. Auf Seminaren werden Butterbrezeln in den Pausen gereicht. Aber Brezel ist nicht gleich Brezel. Auch da sind die Geschmäcker ja bekanntlich verschieden. Aber zumindest für mich ist eine Brezel dann ideal, wenn sie an den dünnen Enden und außen schön knusprig ist, aber innen trotzdem noch schön weich. Bei einigen Bäckereien sind die Brezeln ja rundherum weich. Nicht mein Geschmack! Aber bei uns im Ort gab es einen kleinen Familienbetrieb, bei dem noch die Backstube direkt hinter dem Verkaufsladen war. Im Winter waren die Scheiben morgens immer komplett beschlagen... Diese Bäckerei machte aus unserer Sicht die besten Brezeln. Also kaufte ich Brezeln ausschließlich dort. Wenn nun Qualität in einer Bäckerei kein Zufall ist, dann kann ich mich also darauf verlassen, dass ich meine Brezel genau so bekomme, wie ich sie mag. Und zwar egal ob am Montag, Mittwoch oder Samstag. Wenn Qualität kein Zufall ist, dann ist es auch egal, ob der Meister in der Backstube steht, der Geselle oder ein Auszubildender. Das interessiert mich als Kunde eigentlich schlichtweg nicht. Ich will nur meine Brezel so wie ich sie mag. Aber da ich Qualitätsmanager bin und schon einmal begonnen habe, darüber nachzudenken, habe ich mich also gefragt, was alles so bedacht werden muss, damit die Brezel so in den Verkaufsraum kommt, wie ich sie mag. Es gibt vermutlich ein Rezept für die Brezel, das genau die Mengenanteile der Zutaten beschreibt für die Menge von 5 Blechen oder so ähnlich. Damit die Brezel auch genau so knusprig herauskommt (nur an den dünnen Enden und außen, wie gesagt) wird auch geregelt sein, bei welcher Temperatur sie wie lange gebacken werden muss. Außerdem wird der Ofen regelmäßig gereinigt und auch instand gehalten und die Temperatur überwacht. Damit kein Haar oder sonst etwas Unerwünschtes in die Brezel gelangt, wird es Hygienemaßnahmen und ein Konzept zur Schädlingsüberwachung und -bekämpfung geben. Schließlich werden alle Mitarbeiter über all diese Details unterrichtet werden, damit ich als Kunde nicht vorher anrufen muss, um zu fragen, wer denn heute in der Backstube steht, um sicher zu sein, dass ich beim Brezelkauf heute auch das bekomme, was ich erwarte. All das ist reines Qualitätsmanagement. Die Ausrichtung liegt auf dem Kunden, also mir, dass ich meine Brezel zum Frühstück oder in der Kaffeepause genießen kann. Ziel ist es, meine, also die Kundenerwartung zu erfüllen, mich zufrieden zu stellen und glücklich zu machen. Aber der reine Vorsatz oder Anspruch, in einer Qualitätspolitik formuliert, reicht natürlich bei weitem nicht aus. Es müssen praktische Schritte folgen. Die Ausrichtung aller dieser einzelnen Aspekte (einschließlich dem bisher noch nicht erwähnten Kauf der Zutaten, Werkzeuge und Maschinen bei Lieferanten) und Arbeitsschritte in eine transparente, eingängige Abfolge, die sicherstellt, dass die Qualität der Brezel, des Kartoffelbrotes und des Apfelkuchens, etc. kein Zufall ist, ist Qualitätsmanagement. Und da dieses Beispiel vom Kauf der Lieblingsbrezel hier im Süden zumindest jeder versteht, ist es ein fester Bestandteil meiner Qualitätsmanagement-Schulungen geworden. Damit kann ich die Teilnehmer abholen, um dann die Prinzipien auf die jeweilige Produkt- oder Dienstleistungspalette des Betriebes zu übertragen.